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Kleine alternative Waschmittelkunde (2011):

  1. Baukastensystem kontra Vollwaschpulver
  2. Pflanzenfettchemie schlägt Erdölchemie - Rohstoffe waschaktiver Substanzen
  3. Flüssigwaschmittel oder Waschpulver? Energievergeudung durch Pulverisierung
  4. Das Abbauverhalten von Seife in Waschmitteln - die harten Fakten
  5. Zur Umweltproblematik der Inaktivierung von Kalk im Leitungswasser
  6. Langlebige synthetische Duftstoffe
  7. Vorsicht auch bei ätherischen Düften - und irreführenden Inhaltsangaben
  8. Technische Enzyme - mit und ohne Gentechnik
  9. Problematische alternative Rohstoffquelle: Die Ölpalme - ein Fallbeispiel
  10. Zur Sozialverträglichkeit indischer Waschnüsse: Ein Fallbeispiel

 

1. Baukastensystem kontra Vollwaschpulver

Gegenüber der starren „Chemiekeulen“-Methode der von Umweltberatungen nicht empfohlenen Vollwaschmittel sind ökologische „Baukastensysteme“ die einzig sinnvolle Alternative – vor allem bei keinem oder nur geringem Seifenanteil, weil Seife bei kalkreicherem Wasser sehr empfindlich ist und dann noch weitere Hilfsstoffe benötigt, siehe Abschnitt 4 und 5.

Unter „Baukastensystem“ sind verschiedene auf einander abgestimmte Waschmittelkomponenten zu verstehen, die je nach Verschmutzungsgrad der Wäsche unterschiedlich einsetzbar sind, entweder separat oder in Kombination miteinander. Der wesentliche Unterschied zu Vollwaschmitteln besteht darin, dass die Bleichkomponente (ökologisch unbedenkliches Natriumpercarbonat) vom Basiswaschmittel getrennt aufbewahrt wird und nur bei Weißwäsche dazudosiert zu werden braucht. In Vollwaschpulvern dagegen ist die Bleichkomponente bereits enthalten, und zwar meist in Form des billigeren, aber humantoxischen, borhaltigen Perborats.

In der ausführlichen „Produktanalyse Waschen und Waschmittel“ 1995 im Auftrag des deutschen Umweltbundesamtes stellten die Autoren Dr. Rainer Grieshammer et al. unter anderem schlussfolgernd fest:

„Das Baukastensystem ist die umweltfreundlichste Variante.“

Das gilt insbesondere bei konsequenten Nachfüllsystemen zur Verminderung von Verpackungsmüll, bei denen die leer gewordene Flasche oder Dose entweder im Laden wiederbefüllt werden kann oder bei sich zu Hause mittels Nachfüllbeutel und Großgebinden (Kanisterware zur Nachfüllung).

 

2. Pflanzenfettchemie schlägt Erdölchemie - Rohstoffe waschaktiver Substanzen

Petrochemische (vollsynthetische) Tenside
Innerhalb von 40 Jahren wurden zigtausende neue Chemikalien in Verkehr gebracht. Seit den 1960ern bis zur Jahrhundertwende sind Hautallergien um das 10- bis 20-fache gestiegen. Ein Zusammenhang mit dem in den fünfziger Jahren aufgekommenen und bald darauf flächendeckenden Einsatz harter Waschmittelchemie auf Erdölbasis ist naheliegend.

Waschaktive Substanzen (WAS, sog. „Tenside“) auf Erdölbasis in Vielstoffgemischen (Detergenzien) enthalten viele Verunreinigungen des Erdölrohstoffs (ÖKO-TEST-Magazin: „bis zu 16%“), die im Zuge der Raffinierungsprozesse ebenfalls aufgespalten werden, Nebenstoffe, die kaum jemand erfasst, kennt oder testet und nicht ohne weiteres abgebaut werden. Vorherrschende Ausgangssubstanzen sind immer noch u. a. das krebserregende Benzol und Chlor.

Die zu den weltweit gebräuchlichsten Billig-Tensiden zählenden, vollsynthetischen bzw. zu 100% aus Erdöl hergestellten „linearen Alkylbenzolsulfonate“ (LAS) finden sich in hohen Konzentrationen in ausgefaulten Klärschlämmen und in weiterer Folge auf landwirtschaftlich genutzten Böden, weil sie unter anaeroben Bedingungen (bei Luftabschluss) nicht abbaubar sind. Trotzdem erfüllen sie formal die gesetzliche Regelung der „biologischen Abbaubarkeit“, sonst dürften sie gar nicht auf dem Markt sein.

„Biologisch abbaubar“ – Teil- oder Endabbau?
Oft schreiben Waschmittel-Hersteller auf ihr Produkt: „Alle Tenside sind biologisch abbaubar gemäß OECD-Testmethode“ oder „gemäß OECD-Auswahltest“.
Treffend kommentierte das deutsche Umweltmagazin ÖKO-TEST derartige irreführende Werbefloskeln:

„Das klingt sehr ökologisch, ist aber eigentlich bloß Schaumschlägerei. Sie erfüllen lediglich die gesetzlichen Anforderungen. Sonst würde ihr Pulver verboten. Eine besondere Leistung für die Umwelt haben sie damit nicht erbracht. Denn die offizielle Formulierung ‚biologisch abbaubar’ sagt nur die halbe Wahrheit. Gemeint sind nämlich lediglich die ersten Abbauschritte (Primärabbau): Dabei verliert das Tensid seine Waschkraft. Übrig bleiben dann immer noch chemische Verbindungen, welche die Natur belasten können und erst nach und nach geknackt werden.“

Ein österreichisches „Markenprodukt“, bekannt durch einen grünen Frosch als Logo (deren Substrate, wie die Inhaltsstoff-Deklaration angibt, mit „Kosmetikfarbstoff“ grün gefärbt sind), wirbt mit dem Front-Aufmacher: „Tenside zu 98% abbaubar“. Die „98%“ beziehen sich nur auf den Abbau der waschaktiven Eigenschaften und haben nichts mit einem Totalabbau zu tun!

Zudem hängt der biologische Abbau einer waschaktiven Substanz entscheidend vom Abbauverhalten unter realen Bedingungen ab, nämlich als Teil des Vielstoffgemischs „Waschmittel“ bzw. der Schmutzflotte im Abwasserkanal und in der Kläranlage, und nicht (nur) als im Labor isoliert getesteter Einzelstoff. Beispielhaft zu den linearen Alkylbenzolsulfonaten (LAS) hat das Umweltbundesamt Wien am 11.02.2008 ausgeführt:

„Es kann davon ausgegangen werden, dass komplexierte LAS (z.B. durch kationische Tenside) biologisch schlechter abbaubar sind als reine LAS.“

Erst durch den ökologisch wünschenswerten Endabbau aller organischen Inhaltsstoffe in kürzestmöglicher Zeit (Veratmung durch Mikroorganismen und Mineralisierung) werden die beim Primärabbau entstandenen Umwandlungsprodukte (Metabolite) vollständig in Kohlendioxid, Wasser und Mineralsalze zerlegt („Sekundärabbau“). Laut Gesetz reicht allerdings bei bestimmten Prüfverfahren eine Sekundärabbau-Mindestrate von „60% in 28 Tagen“ (EU-Detergenzien-Verordnung).

Giftigkeit (Fischtoxizität) und Sauerstoffbedarf
Sofern Tenside und ihre Komponenten nach Passieren der letzten Kläranlagen-Reinigungsstufe noch nicht abgebaut sind („Durchbruch“ in das Einleitungsgewässer), reichern sie sich in Fischen und Bodensedimenten von Flüssen und Seen an. Schon geringste Konzentrationen sind für Kleinlebewesen tödlich, weil deren Zellwände platzen. Fische nehmen fettlösliche Schadstoffe leichter auf, und ihre Kiemen werden verlegt, sodass sie ersticken. Auch bei Säugetieren und Menschen wird durch sie die Durchlässigkeit der Haut und der Schleimhäute verändert und insbesondere im Magen- und Darmtrakt erhöht, wodurch Schadstoffe, Gifte und Bakterien leichter resorbiert werden können.

Geschwindigkeit und Reichweite des biologischen Abbaus sind somit das Hauptkriterium der Umweltbelastung durch Tenside und sonstige Waschmittelchemikalien. Diese Parameter sind jedoch von der Sauerstoffzehrung abhängig, d.h. von der Menge an Sauerstoff, den die Mikroorganismen zur „Veratmung“ des jeweiligen organischen Substrats benötigen.

Dazu ein Beispiel: Neuerdings werden zunehmend nichtionische Tenside (Niotenside) eingesetzt, und zwar nicht nur in tolerabel geringen Mengen in Geschirrspül-Tabs, sondern oft zu „5-15%“ (Angabe laut EG-Verordnung Nr. 648/2004) in Textilwaschmitteln, so z.B. in einem „ultra“ genannten Waschpulver des oben genannten Herstellers grün gefärbter Produkte. Die Problematik: Gegenüber den vorherrschenden anionischen Tensiden haben sie nicht nur Vorteile (Unempfindlichkeit gegen Wasserhärte, gute Waschleistung auch bei niedriger Temperatur), sondern verursachen eine Sauerstoffabminderung im Abwasser um 30-40 (!) Prozent, was einen stark erhöhten Energieaufwand für die Belüftung der Kläranlagen erfordert.

Oleochemie kontra Petrochemie
Waschaktive Substanzen aus nativen (pflanzlichen) Ölen erlauben schonende Produktionsmethoden durch die Synthesevorleistungen der Natur und stellen eine leichte biologische (End-) Abbaubarkeit sicher. Hinsichtlich des Klimaschutzes bedeutet ein nachwachsender Rohstoff auch eine CO2-Kreislaufführung in der Biosphäre bzw. eine weltweit ausgeglichene Kohlenstoffbilanz.

Die Auswertung einer 1995 veröffentlichten Studie über Öko-Bilanzen der wirtschaftlich bedeutendsten Tenside (z.B. Fettalkoholsulfate) ergibt deutliche ökologische Vorteile für solche aus nachwachsenden Rohstoffen gegenüber denen aus petrochemischer Produktion. Erstgenannte sind wesentlich sparsamer herzustellen, verbrauchen weniger Energie, benötigen kürzere Verarbeitungsprozesse und produzieren weniger Abfälle. Sowohl Seifenwaschmittel als auch andere teilsynthetische Tenside auf Basis pflanzlicher Öle und Fette sind nachweislich besser hautverträglich.

Darüber hinaus gilt, dass – abgesehen von den Rohstoffen – flüssige Waschmittel gegenüber pulverförmigen grundsätzlich günstigere Ökobilanzen aufweisen.

 

3. Flüssigwaschmittel oder Waschpulver? Energievergeudung durch Pulverisierung

Die weitaus überwiegende Menge der Waschmittel wird in Form von Pulvern hergestellt bzw. gekauft, zumeist aus Rohstoffen der Erdölindustrie. Ein Teil der konventionellen Waschpulver-Rohstoffe liegt in Form wässriger Lösungen oder Suspensionen vor. Daher kommt der Entfernung des Wassers aus den Rohstoffen bei der Pulverherstellung größte Bedeutung zu.

Heutzutage geschieht dies durch das extrem energieaufwändige Hochdruckspülverfahren. Die wasserhältige Rohstoffmischung, der „Slurry“, wird über zwei Ebenen durch Hochdruck-Einstoffdüsen mit ca. 40-70 bar fein zerstäubt. Die Trocknung erfolgt im Gegenstrom durch Rauchgas, das im Gasbrenner auf eine Temperatur von ca. 250-300°C erhitzt worden ist. Durch pneumatischen Transport (Airlift) wird das Pulver gekühlt. Anschließend werden die temperaturempfindlichen Inhaltsstoffe (Bleichaktivator, Enzyme, Duftstoffe) zudosiert und schonend gemischt. Die Abfüllung in handelsübliche Einwegverpackungen erfolgt mittels Verpackungsautomaten.

Das INSTITUT FÜR ANGEWANDTE ÖKOLOGIE e.V. hat 1991 den Stromverbrauch des energieaufwändigen Herstellungsprozesses mit etwa 200 MJ (56 kWh) und den Wärmeverbrauch mit 2300 MJ (640 kWh) pro Tonne sprühgetrocknetes Waschpulver errechnet. Durch Optimierungen und Kreislaufführung der Trocknungsluft konnten zwar inzwischen gewisse Einsparungen erzielt werden. Die Trocknungsluft muss über Filter gereinigt werden und gelangt mit 70-85°C über einen Kamin in die Umwelt.

Alles in allem aber erfordert das Sprühtrocknungsverfahren hohe Investitionen und einen enormen Aufwand an computergesteuerter Mess- und Regelungstechnik zur Aufrechterhaltung einer gleichbleibenden Produktionsqualität.

Weltweit wurden 1995 ca. 25 Millionen Tonnen Waschmittel verbraucht, allein in Deutschland 640.000 Tonnen. Obwohl Kompaktwaschmittel gegenüber 5kg- oder 10kg-„Jumbos“ im Vormarsch sind und daher sparsamer dosiert werden können, betrug der Durchschnittsverbrauch pro Person in Deutschland immer noch 7½kg, in Frankreich fast 11kg und in Portugal 12,5kg.

Daraus ergibt sich, dass bei Durchsetzung von konzentrierten Baukasten-Flüssigwaschmitteln aus erneuerbaren Rohstoffen ein enormes Einsparungspotential an Energieverbrauch und irreversibler CO2-Freisetzung liegt. Sie sind auch anwenderfreundlicher und werden mit stark fetthaltigem Schmutz besser fertig. Die Dosiermenge kann wegen der Konzentration enorm herabgesetzt werden. Gegenüber den üblichen alkalischen, hautangreifenden Waschpulvern sind seifenfreie, schwach milchsaure Flüssigprodukte im Vorteil, wenn sie darüber hinaus amphotere Tenside (Betaine) als Hauptinhaltsstoff einsetzen, die als bestverträglich (schleimhautfreundlich, ideal für Allergiker) und als leistungsstark gelten, zum Beispiel das hochkonzentrierte, enzymfreie „ULRICH natürlich“-Waschmittel: für 4,5kg normal verschmutzte Trockenwäsche reichen auch bei hartem Wasser etwa 30 ml.

 

4. Das Abbauverhalten von Seife in Waschmitteln - die harten Fakten

Der Abbau von Seife allein (ohne Begleitstoffe) verhält sich zwar unter bestimmten Laborbedingungen günstig, wenn auch unter hohem Energieaufwand pro Zeiteinheit (plötzlicher Sauerstoffbedarf!), nicht jedoch als einer unter vielen Inhaltsstoffen im Stoffgemisch „Waschpulver“. Denn nach dem Waschvorgang ist der Abbau der Seife laut dem Tensidchemiker und Entwickler einer eigenen Bioseifen-Linie, Dr. Frank Stewner, (Zitat vom 27. Mai 1999) ...

... „nicht meßbar, da bei den geforderten Meßmethoden die Seife durch das Wasser mit 18°dH als Kalkseife ausgefallen ist. Seife hat in der Kläranlage keinen Sauerstoffverbrauch, da sie in der Kanalisation als Kalkseife ausfällt und in den Klärschlamm geht. Die Kalkseife wird im Klärschlamm praktisch nicht abgebaut, denn diese liegt auf dem Boden. Der Klärschlamm wird deponiert oder verbrannt“,

... was eine umweltbelastende „End-of-Pipe“-Entsorgung bedeutet.

Damit können Seifenwaschmittel aus der Sicht der Abwassertechnik bzw. ganzheitlich betrachtet keineswegs als „umweltgerecht durch natürlich nachwachsende Rohstoffe“ gelten, wie dies etwa ein a.a.O. zitierter alternativer Hersteller (2007, siehe unten) behauptet.

Vielmehr ist zum Einsatz von Seife ab einer gewissen Wasserhärte der Zusatz eines Kalkinaktivierungsmittels nötig, damit nicht die Seife bei der unerwünschten Kalkseifenreaktion (siehe Stewner-Zitat) durch den im Leitungswasser gelösten „Kalk“ (positiv geladene Calcium- und Magnesiumionen) dem erwünschten waschaktiven Prozess entzogen wird und sich nicht auf den Heizstäben der Waschmaschine festsetzt. Um solche unerwünschten Begleiterscheinungen zu hemmen, mussten zusätzliche Wirkstoffe entwickelt werden.

 

5. Zur Umweltproblematik der Inaktivierung von Kalk im Leitungswasser

Phosphate als Komplexbildner
Lange Zeit hat die Waschmittelindustrie zwecks „Enthärtung“ des Leitungswassers ihren Produkten bis zu 30% billig herstellbare Phosphate zugesetzt. Diese konnten jedoch bei der Entsorgung der Waschabwässer in den biologischen Kläranlagen zunächst nicht eliminiert werden. Dadurch kam es zu großflächigen Nährstoffeinträgen in die Binnengewässer, der zur Eutrophierung (Überdüngung) und akuten Wassergefährdung führte – Verkrautung, Sauerstoffverknappung und schließlich biologisch tote Zonen durch Faulschlammbildung in Seen waren die Folge. Das mussten die Kommunen durch aufwändige Nachrüstungen ihrer Kläranlagen auf Phosphorelimination und mit zusätzlich erhöhten Betriebskosten (u.a tonnenweise Eisen[III]-Clorid zur Phosphatfällung laufend benötigt) teuer bezahlen.

Zeolithe als Ionenaustauschermoleküle
Der Gesetzgeber reagierte schließlich mit einer Phosphathöchstmengen-Verordnung für Textilwaschmittel, sodass sich die Industrie eine andere Art von Wasserenthärtung einfallen lassen musste. Das Ergebnis war die Entwicklung von mineralischem Zeolith (Handelsname SASIL), das seither sowohl seitens der Seifensieder als auch der Hersteller industrieller Vollwaschmittel (die ihren Vielstoffgemischen ebenfalls Seifenkomponenten beimengen) in großen Mengen eingesetzt wird.

Zeolith A ist ein an Tieren getestetes, vom Entwickler (HENKEL) patentiertes, synthetisch hergestelltes Natrium-Aluminium-Silikat. Dessen großflächiger Einsatz zieht einen meist unerwähnten Rattenschwanz an ökologischen, sozialen und gesundheitlichen Problemen nach sich:

Weitere ökologisch belastende Chemikalien mit härtestabilisierender Wirkung
Als weiterer Ersatzstoff für Phosphate wurde in den achtziger Jahren SKS-6 entwickelt, ein synthetisches kristallines Schichtsilikat. Nachteil: Durch dieses bilden sich in der Waschlauge schwerlösliche, feinverteilte Ca- und Mg-Silikate und alkalische Reaktionen.

Weil Zeolith A nur langsam wirkt, setzt man heute als „Builder“ (Gerüststoff) zur Enthärtung des Wassers auch Citrate zu (Salze der Zitronensäure), deren Herstellung einem aufwändigen Prozess unterliegt, bei dem pro Tonne Zitronensäure laut Literatur 446 kg Kalkmilch und 766 kg Schwefelsäure verbraucht wird. Da Mikroorganismen Zitronensäure in „Bioreaktoren“ produzieren, fallen zudem große Mengen nicht verwertbarer Schlämme an. Da seine Wirkung bei Temperaturen höher als 20°C stark nachlässt, sind Citrate nur in Ergänzung zu anderen Enthärtern einsetzbar.

Als Co-Builder werden derzeit Waschmittelpolymere wie Polyacrylate und Polycarboxylate eingesetzt, die die Kristallisation der erdalkalischen Calcium- und Magnesium-Ionen behindern sollen. Sie werden mittels Adsorption aus dem Abwasser eliminiert und zu über 90% im Klärschlamm als schwerlösliche Salze ausgefällt. Dort sind sie schlecht biologisch abbaubar, was eine Volumserhöhung des Klärschlamms bewirkt. Dessen Verwendung als landwirtschaftlicher Dünger führt zur Sedimentierung ins Erdreich und zur möglichen Remobilisierung von grundwassergefährdenden Schwermetallen. 5% gelangen in die Oberflächengewässer. Nur ein geringer Prozentsatz wird biologisch abgebaut. Das Langzeitverhalten dieser Stoffgruppen auf Basis von Polyacryl- bzw. Polycarbonsäuren ist nicht absehbar. Die zunehmende Verbrennung von Klärschlamm verlagert die Umweltbelastung.

Außer diesen Wasserhärte-Stabilisatoren hat man den Voll- und Seifen-Waschpulvergemischen als Dispergiermittel zur Waschwasserenthärtung auch die aus Erdölderivaten synthetisierten organischen Komplexbildner NTA und (das besonders problematische) EDTA zugesetzt. Neuerdings setzen Seifenwaschmittelhersteller (Sonett, Sodasan, AlmaWin...) als dritte Komponente ihrer Baukastensysteme auch das ebenfalls petrochemisch hergestellte Natrium-Polyaspartat (PASP, ein Salz der Polyasparaginsäure) ein, das allerdings in der Lage ist, Schwermetallionen zu binden. Immerhin ist es biologisch inhärent abbaubar (Abbaurate von 50% aufwärts nach 28 Tagen, je nach OECD-Test).

Einer der alternativen Hersteller, aus dem schwäbischen Winterbach, setzt PASP ein, ungeachtet dessen in seinem Werbefolder (2007) – wahrheitswidrig – behauptet wurde:

„Alle […] Produkte […] enthalten keine petrochemischen Bestandteile“ und: „Alle verwendeten waschaktiven Substanzen sind pflanzlichen Ursprungs,“ sowie die Angabe, dass alle [sic!] Produkte „ohne Erdölsubstanzen“ seien.

Einer der PASP-Ausgangsstoffe ist Maleinsäureanhydrid, das durch katalytische Oxidation von Benzol oder Butan hergestellt wird. Derselbe Hersteller setzt auch den aus petrochemischen Ausgangsverbindungen und energie- und ressourcenintensiv hergestellten Sauerstoffaktivator TAED ein sowie eine Verbindung der Bernsteinsäure, die – als Ausgangsstoff für Polyesterharze, Farbstoffe und Pharmazeutika – ausschließlich auf petrochemischer Basis hergestellt wird.

All diese Probleme um die Stabilisierung der Wasserhärte machen es erforderlich, dass der Inhaltsstoff Seife als alternative waschaktive Substanz – ebenso wie Tensidgemische in konventionellen Vollwaschpulvern – im Endprodukt „Waschmittel“ einen Gutteil an Volumen den diversen umweltbelastenden Enthärter-Komponenten und Hilfsstoffen überlassen muss.

Auch für die Wäsche haben Enthärter-Silikate laut Verein für Konsumenteninformation „gravierende Nachteile“:

All diese belastenden Zusatzstoffe erübrigen sich bei einfachen Zwei-Komponenten-Waschmittelsystemen wie etwa dem praktisch seifenfreien, schwach milchsauren „ULRICH natürlich“-Waschmittel, dessen Haupttensid (Cocobetain) nicht kalkempfindlich ist. Der geringe Gehalt an enthaltener Milchsäurelösung wird (vegan) aus reiner Milchsäure durch Vergärung von Kohlenhydraten mittels Bakterien hergestellt und ist biologisch vollständig abbaubar.

 

6. Langlebige synthetische Duftstoffe

Bei den in großindustriellen Detergenzien eingesetzten Duftstoffen handelt es sich meist um z.T. krebsverdächtige „Moschus“-Verbindungen, die sich in der Umwelt weltweit anreichern: im Fettgewebe, in der Muttermilch, in Gewässern, Muscheln und im Fischgewebe. Sie können zur Überreizung des Nerven-Sinnessystems führen, wie Studien in den USA an hyperaktiven Kindern belegen.

Diese synthetischen aromatischen Verbindungen sind chemisch und strukturell mit natürlichem Moschus nicht verwandt oder vergleichbar. Sie werden Kosmetika, Wasch-, Reinigungs- und Spülmitteln wie auch Weichspülern zugesetzt. Sie haben die Eigenschaft, Duftkompositionen mit ihrer typischen „Eigennote“ abzurunden. Außerdem werden sie gerne dazu benutzt, den Duft auf der Wäschefaser zu fixieren, um dadurch lang anhaltend zu wirken.

In einer Studie im Jahr 2000 (Zusammenfassung unter „Austrian List of Dangerous Substances“) wurde u.a. das ökotoxische Potenzial des Zu- und Abwassers und des Klärschlamms der Pilotanlage der Hauptkläranlage in Wien-Simmering untersucht. Dabei wurden die beiden relevanten Nitromoschusverbindungen Moschus-Keton (aus Kosmetika) und Moschus-Xylol (aus Wasch- und Spülmitteln) im Zu- und Ablauf entdeckt. Im Klärschlamm wurden auch die zunehmend eingesetzten Polycyclischen Aromatischen Verbindungen wie etwa Galaxolid nachgewiesen, zum Teil 100 mal so hoch wie die weltweit rückläufigen Nitromoschus-Verbindungen. Sie zeigen eine noch stärkere Tendenz zur Anreicherung in der Umwelt als diese.

 

7. Vorsicht auch bei ätherischen Düften - und irreführenden Inhaltsangaben

Nicht nur synthetische Duftstoffe sind gesundheitsrelevant. Auch die Tatsache, dass alternative Waschmittelhersteller stark auf ätherische Öle in ihren Seifenprodukten setzen, ist beachtenswert, weil auch natürliche Duftöle ein allergenes Potenzial aufweisen können, was geflissentlich verschwiegen wird.

Dazu gesellt sich der bedauerliche Umstand, dass sie nicht immer voll deklariert werden, trotz gegenteiligen Anscheins und entgegen gesetzlicher Bestimmungen.
Dazu ein weiteres Beispiel eklatanter Fehlinformation:

Billiges Orangenöl: hautreizend, fototoxisch
Unter der Überschrift: „Inhaltsstoff-Volldeklaration“ ist auf der „Bunt- und Feinwaschmittel“-Verpackung des oben zitierten Herstellers alternativer Reinigungskonzentrate vermerkt (2007):

„Natürliche ätherische Lavendelöle lassen Ihre Wäsche frisch und dezent duften […] aus kontrolliert biologischem Anbau“ (kbA).

Nun wäre gegen eine alleinige kbA-Lavendelöl-Duftnote in der frisch gewaschenen Wäsche (bei Nichtallergikern) nichts einzuwenden. Eine genauere Recherche förderte jedoch noch einen anderen Sachverhalt zutage: In dem gegenständlichen Produkt waren fünf weitere, auf der Verpackung nicht deklarierte nicht-kbA-Duftöle enthalten, und zwar: Eukalyptusöl, Orangenöl (!), Zimtblätteröl, Rosmarinöl, Fichtennadelöl (laut „Produktinformation“ des Feinwaschmittels als „NEU: optimierte Rezeptur“ auf der Firmen-Website 2007).

Zu dieser Optik der Nichtdeklarierung passt der Umstand, dass an der Unterseite (!) der Verpackung des Feinwaschmittel-Konzentrats angegeben war: „Duftstoffe: LIMONENE, LINALOOL“, denn sowohl ätherisches Fichtennadel- als auch Orangenöl enthält Limonen, letzteres sogar über 90%.

Orangenöl wird traditionell als billiger Duftstoff verwendet, ungeachtet seiner hautreizenden und fototoxischen Wirkung, und wird als Insektizid eingesetzt. Die Oxidationsprodukte von LIMONEN, die an der Luft entstehen, sind allergieauslösend, vgl. PubMed, A.T. Karlberg et al.: Air oxidation of d-limonene (the citrus solvent) creates potent allergens. Contact Dermatitis. 26/5/1992 S. 332-40:

„[…] It can be concluded that air oxidation of d-limonene is essential for its sensitizing potential, and that potent allergens are created.“

LINALOOL wirkt reizend auf Haut und Augen, ruft Rötungen und Schmerzen hervor und ist schwach wassergefährdend (Wassergefährdungsklasse 1). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es erbgutverändernd wirkt. Chronische Aufnahme führt zu Leberschädigung. Auch Linalool gehört – wie Limonen – zu den Substanzen, deren Oxidationsprodukte an der Luft bzw. Reaktionsprodukte auf der Haut allergieauslösend sind (Kontaktallergene).

Nichtsdestoweniger wird in der (2007 downloadbaren) „Produktinformation“ (siehe oben) kühn behauptet:

„Das Produkt ist dermatologisch erfolgreich getestet und daher für Allergiker und hautsensible Menschen bestens geeignet.“

Dessen ungeachtet widersprechen sowohl der Gehalt an potenziell kontaktallergenen Inhaltsstoffen wie Limonen, Linalool und den fünf – nicht deklarierten– Duftölen sowie die enthaltenen technischen Enzyme – hochallergene Proteasen! – der Werbeaussage, dass das Feinwaschmittel-Konzentrat „für Allergiker und hautsensible Menschen bestens geeignet“ sei, während diese zweifelhafte Auslobung durch folgende Warnung derselben „Produktinformation“ bemerkenswert konterkariert wird:

„Wichtig für Allergiker: Immer gründlich spülen, eventuell einen 2. Spülgang durchführen.“

Experten mahnen zur Vorsicht beim Einsatz von Duftstoffen

„Halten Sie den Duftpegel in geschlossenen Räumen so niedrig wie möglich“,

lautet der eindringliche Rat des Professors für klinische Pharmazie und Diagnostik der Universität Wien, Mag. pharm. Dr. Walter Jäger, insbesondere und explizit hinsichtlich des Gefahrenpotenzials von Limonen (in einem Gespräch mit dem Verfasser).

 

8. Technische Enzyme - mit und ohne Gentechnik

Standard: Technische Enzyme der 3. Generation
Aktueller Standard bei industriellen Waschmitteln sind im allgemeinen vier Arten gentechnisch manipulierte Enzyme der 3. Generation („Gen-Enzyme“) aus den Fermentern der Engeneering Labors.

Alle Enzyme – nicht nur gentechnisch veränderte! – sind hochallergene Verbindungen mit irritativen und sensibilisierenden Eigenschaften. Sie werden zwar chemisch ummantelt („verpillt“, „coating“) und sind im Allgemeinen leicht abbaubar, was aber dennoch nicht verhindern kann, dass Enzymreste auf der Wäsche bleiben und damit an die Haut gelangen können. Nach Untersuchungen von ÖKO-TEST reichern sie sich auf der Wäsche sogar an. Die „enzymatische Restaktivität“ von technischen Lipasen und Proteasen kann dann auch die Fettschicht und die Eiweiße der Haut angreifen, wenn die Enzyme durch Schweiß aus den Textilien herausgelöst werden.

Technische Enzyme der 1. und 2. Generation
Enzyme, die mittels herkömmlicher Biotechnologie – nicht gentechnisch – hergestellt werden (technische Enzyme der ersten Generation, z.B. Wildstamm-Proteasen) werden seit den 60er Jahren über einen langsamen und mit enormem Aufwand verbundenen Prozess an Energie, Rohstoffen, Abfall und giftiger Abluft und in geringer Ausbeute gewonnen.

In den Textilwaschmittel-Produkten eines Seifenwaschmittel-Herstellers (2007, a.a.O. zitiert) sind technische Enzyme der ersten Generation Standard.

Gentechnisch zwar unveränderte Enzyme, jedoch aus gentechnisch veränderten Hochleistungsstämmen von Mikroorganismen (technische Enzyme der zweiten Generation) werden von einem bekannten belgischen Seifenwaschmittel-Hersteller eingesetzt.

Von „Umweltfreundlichkeit“ kann freilich in keinem Fall – mit oder ohne Gentechnik – die Rede sein, entstehen doch gewaltige Mengen an Bakterien und Abwässern wie auch Emissionen von Schwefeldioxid und Stickoxiden. Zudem erfordert die Enzym-Herstellung wegen ihres hochallergenen Potenzials allerhöchste Arbeitsschutz- und Sicherheitsmaßnahmen. Nichtsdestoweniger standen industriell genutzte Enzyme 1996 bereits an fünfter Stelle der beruflich induzierten Kontakturtikaria-Fälle in Finnland (L. Kanerva et al.).

Um den Einsatz von Enzymen in seiner „Öko“-Waschmittellinie zu rechtfertigen, behauptete der schon oben zitierte Hersteller in seinen Werbeunterlagen (2007):

„Nur mit Hilfe von Enzymen kann bei niederen Temperaturen sauber gewaschen werden.“

Dass dies allenfalls für dessen eigene Seifenprodukte, keineswegs aber generell gelten kann, belegen erfolgreiche Produktlinien, die konsequent ohne Waschmittelenzyme, aber auch ohne Seife, ohne zusätzlichen Enthärter und ohne Duft- und Farbstoffe auskommen.

 

9. Problematische alternative Rohstoffquelle: Die Ölpalme - ein Fallbeispiel

Vorbemerkung
Anlässlich der Kampagnen von Umweltschutzverbänden und NGOs gegen die Zerstörung der Regenwälder sind pflanzliche Rohstoffe waschaktiver Substanzen mit der Anlegung von Ölpalm-Monokulturen in Südostasien und Südamerika in Zusammenhang gebracht worden. Zur Erläuterung und Differenzierung der Sachlage sollen folgende Ausführungen dienen.

Die Ölpalme
Die Ölpalme (Elaeis guineensis L.) gehört zu den wirtschaftlich bedeutendsten Palmenarten. Ursprünglich in Afrika beheimatet, wird sie inzwischen auch im tropischen Amerika und insbesondere in Südostasien kultiviert. Spätestens seit dem 2. vorchristlichen Jahrtausend kann man von einer Nutzung der Ölpalme ausgehen, die den Menschen bis weit in die Kolonialzeit hinein Nahrung, Faser- und Baumaterial sowie diverse Materialien für medizinische Zwecke geliefert hat. Den Europäern in vorkolonialer Zeit dienten daneben z.B. die Blattfasern von Ölpalmenblättern im getrocknetem Zustand auch als Zundermaterial für Kanonen u.dgl., wenn kein entsprechendes europäisches Produkt verfügbar war, wie auch für Fackeln. Palmöl diente als Lampenöl und zur Seifenherstellung u.v.m. (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96lpalme).

Die Problematik der Ölpalme als Energiepflanze
Seit Erdöl (Mineralöl) immer teurer wird und die Weltvorräte langsam (oder sogar schnell) zur Neige zu gehen scheinen, hat die Großwirtschaft die Möglichkeit entdeckt, pflanzliche Öle zur Energiegewinnung zu nutzen, und zwar vor allem das Öl der Ölpalme (Palmöl), Rapsöl (Rüböl) und Sojaöl, erstens als Mobilkraftstoff („Sprit“) und zweitens für stationäre Blockheiz- und Elektrizitätskraftwerke („Ökostrom“!). Weil der Bedarf dafür seit den 90er Jahren sprunghaft gestiegen ist, werden Tropenwälder abgeholzt, um einen doppelten Profit zu lukrieren: wertvolles Tropenholz und freie Flächen für Ölpalmenwälder in Form von Monokulturen, vor allem in Indonesien, Malaysia und Westpapua.

Die Ursache für diese drastisch zunehmende, verheerende Zerstörung der Regenwälder durch Abholzen und der tropischen Torfmoore durch Niederbrennen liegt nicht am Pflanzenölbedarf für Lebensmittel und waschaktive Substanzen, sondern an der boomenden Energiegewinnung aus Pflanzen und der Förderung von „Bio“-Diesel durch Industrie und durch gesetzlich verpflichtende progressive Beimengung zum Treibstoff. Dies beschleunigt den Ansturm auf sogenannte „Biokraftstoffe“ enorm.

In den letzten Jahren sind Milliarden von Dollars in den Tropen in „Bio“-Kraftstoffplantagen, Raffinerien und die dazugehörige Infrastruktur investiert worden. Jüngste Studien zeigen aber, dass zur Produktion von einer Tonne „Bio“-Diesel aus Palmöl zwei bis acht Mal mehr Kohlendioxid freigesetzt wird als bei der Verbrennung der gleichen Menge von Erdöl-Diesel. Außerdem sind die in der industriellen Landwirtschaft und damit auch in der Agrarsprit-Produktion eingesetzten Kunstdünger hauptverantwortlich für die Freisetzung des noch viel schädlicheren Klimagases N2O. Dieses Stickoxid ist ein fast 300-fach wirksameres Treibhausgas als CO2.

Mit dem Palmöl-Boom eng verknüpft ist der wirtschaftliche Aufstieg Chinas, denn dieses riesige Land benötigt enorm viele Rohstoffe und viel Energie. Doch auch die westlichen Industrienationen gieren nach Palmöl. Über 90 Prozent des Palmöls sind für den europäischen Markt bestimmt. „Biokraftstoffe“ sind mittlerweile weit verbreitet. Mit diesen werden PKW und Busse sowie Elektrizitätsgeneratoren angetrieben und Häuser beheizt.

In Deutschland wird bereits heute mehr als 40% des importierten Palmöls für die Strom- und Wärmeerzeugung genutzt, obwohl der Einsatz von Palmöl in der Energiewirtschaft erst am Anfang steht. Bisher subventionieren die deutsche Bundesregierung und die Europäische Union die Produktion und den Einsatz von „Biokraftstoffen“ mit Steuergeldern. Nach einer Studie des Leipziger Instituts für Energetik und Umwelt deutsche Blockheizkraftwerke erzeugten 2007 mindestens 1,3 Milliarden Kilowattstunden Strom aus Palmöl. Dafür erhalten die deutschen Kraftwerksbetreiber rund 200 Millionen Euro Subventionen über das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), die auf die Stromrechnung aller Haushalte umgelegt werden.

Durch die staatlich finanzierten Zuschüsse, die Kraftwerksbetreiber erhalten, die zum Beispiel aus Palmöl Strom und Heizwärme produzieren, werden Palmöl-Konzerne geradezu ermuntert, immer neue Flächen Regenwald zu vernichten und in Plantagen umzuwandeln, so etwa in Indonesien, Malaysia, Kolumbien, Ecuador oder Kamerun.

„Das hat in den betroffenen Ländern des Südens, wo die Agrarenergie heranwächst, katastrophale ökologische und soziale Konsequenzen, wie bereits zahlreiche Studien belegt haben“,

erklärte der Vorsitzende von „Rettet den Regenwald“ (RdR), Reinhard Behrend, Berlin.

„Die Menschen dort bezahlen mit leeren Tellern für volle Autotanks in den Industrieländern.“

Durch den weltweiten Agrarenergie-Boom sind die Preise für Palmöl zur „Bio“-Diesel-Produktion und Mais, Weizen und Roggen zur Ethanol-Produktion für Treibstoff massiv gestiegen. Nach Auffassung von RdR sind Politiker in Berlin und Brüssel mit verantwortlich für die weltweite Katastrophe, die der Agrarenergie-Boom auslöst.

„Energie aus nachwachsenden Pflanzen zerstört Regenwälder, heizt das Klima an, vertreibt Menschen, verschärft den weltweiten Hunger und macht die Gentechnik hoffähig“,

so Behrend weiter. Bundeskanzlerin Merkel habe als EU-Ratsvorsitzende im ersten Halbjahr 2007 den massenhaften Verbrauch von Nahrungsmittelpflanzen für Stromerzeugung und Autodiesel durchgesetzt. Erst durch die Nachfrage aus dem Ausland werde es für Länder wie Indonesien wirtschaftlich interessant, die Palmölplantagen auszuweiten. Mit ihrer Politik für so genannte „nachwachsende Rohstoffe“ habe Merkel den Run auf Agrarenergie weiter angeheizt.

So haben die EU-Umweltminister (einschließlich des österreichischen) Anfang März 2007 beschlossen, steigende Beimischungspflichten zu den fossilen Kraftstoffen im Verkehr einzuführen. Aktuell sind es 2%, bis 2010 sollen es 5,75% und bis 2020 sogar 10% werden. Doch unsere Anbauflächen reichen nicht aus, um diese zehn Prozent Biokraftstoffe allein aus heimischem Rapsöl herzustellen. Deswegen wird Palmöl aus Südostasien verwendet.

Sofort nach der Entscheidung der EU, den Anteil an „Bio“-Treibstoffen zu erhöhen, hat Indonesien Konzessionen für neue Plantagen einer Größe etwa der Fläche Oberösterreichs verliehen. Die Abholzung allein dieser Flächen wird eine Milliarde Tonnen CO2 freisetzen, entsprechend der 15-fachen Menge der jährlichen Emissionen Österreichs.

Maßnahmen gegen den Raubbau der Tropenwälder durch Palmöl-Energieproduktion
In einem Brief Mitte 2007 an die deutschen Bundestagsabgeordneten schrieben 53 unterzeichnende Organisationen:

„Wir fordern von Ihnen als gewählte und verantwortungsbewusste Volksvertreter und –vertreterinnen, Agrarenergie in keiner Weise zu fördern, sondern sich für konsequente Energieeinsparung einzusetzen.”

In einem Moratorium fordern NGOs ein sofortiges Moratorium der EU für Fördermaßnamen für Biokraftstoffe und Bioenergie. Anreize wie Steuererleichterungen und Subventionen, die Biokraftstoffe von großflächigen Monokulturen begünstigen, sollten sofort aufgehoben werden. Außerdem sollte die industrielle Energiegewinnung für Sprit und Elektrizität bzw. zum Verheizen aus tropischen Pflanzen verboten und damit der Agrarenergie-Boom gestoppt werden.

Vor allem sollte so bald wie möglich eine Zertifizierung der Palmölherstellung geschaffen werden. Laut BMU Pressedienst Nr.015/07 Berlin, 16. Januar 2007, strebt die Bundesregierung deshalb gemeinsam mit vielen internationalen Organisationen, Umweltverbänden und Wirtschaftskreisen die Entwicklung von Zertifizierungssystemen an. Damit soll dokumentiert werden, dass das eingesetzte Palmöl aus nachhaltiger Produktion stammt. Damit das System auch tatsächlich regenwaldschonend sein kann, müsste man eigentlich fast alle heute bestehenden Palmölplantagen von der Zertifizierung ausnehmen (vgl. Neue Zürcher Zeitung 2. April 2007). Akzeptabel wäre nämlich nur eine Produktion des Pflanzenöls auf heutigen Brachflächen. Doch das bedeutet mehr Aufwand, und damit würde Palmöl deutlich teurer. Doch Brachflächen gibt es zwar ausreichend zur Rohstoffgewinnung für Nahrungsmittel und waschaktive Substanzen, aber nicht für den Boom an Biotreibstoff- und Stromproduktion.

Für ein Zertifizierungssystem müssen aber die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Einführung und die Überwachung solcher Sicherheitsvorkehrungen durch ein wirksames Kontrollsystem sicherzustellen oder die Rechenschaftspflicht für diejenigen zu gewährleisten, die für deren Verletzung verantwortlich sind. Das bestehende Gremium „Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl“ gewährleistet aber laut RdR-Chef Behrend keine Produktionskontrolle, da ihm auch Erzeuger und Nutzer angehören.

Die Zertifizierung muss die Abholzung von Regenwald und die Konkurrenz von Palmöl-Anbau für die regionale Nahrungsmittelversorgung ausschließen. Außerdem müssen weitere ökologische und soziale Standards vereinbart werden, die zum Beispiel eine Vergiftung von Flüssen und Böden durch übermäßigen Einsatz von Agrochemie ausschließen, Prozesse der Erosion mindern und arbeitsrechtliche Mindestregelungen einschließen. Die sozialen Standards sollten sich an den Kriterien der International Labour Organisation (ILO) orientieren (vgl. vorgeschlagene Maßnahmen laut Beschluss der BAG Energie Bündnis 90/Die Grünen, Berlin 23.06. 2007). Ein umweltverträglicher Anbau von Palmöl-Kulturen ohne Waldvernichtung und zum Wohle der dort lebenden bäuerlichen Bevölkerung ist jedenfalls grundsätzlich unbestritten möglich.

Palmöl
Es wird meist nicht zwischen Palmöl und Palmkernöl unterschieden. Anders als Palmkernöl eignet sich Palmöl zur Herstellung von „Bio“-Diesel. (An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass das Wort „Bio“ in diesem Zusammenhang genau genommen irreführend ist; es sollte besser von „Agrodiesel“ bzw. engl. „agrofuels“ gesprochen werden, weil es nicht „bio“ im Sinne von kbA ist, sondern nur zur Unterscheidung gegenüber „Mineral“-Diesel so bezeichnet wird.)

Die Gewinnung des rohen Palmöls (auch: Palmfett) erfolgt aus dem Fruchtfleisch, das nicht lagerfähig ist und daher sofort verarbeitet werden muss. Die Beeren werden sterilisiert, entkernt, gekocht, gepresst und anschließend geklärt und gereinigt. Das Rohöl wird zu raffiniertem Palmöl weiterverarbeitet. Es wird als Rohstoff sowohl bei der Herstellung von Margarine, Süßigkeiten, Fertiggerichten, Knabbergebäck und Katzennahrung, von Waschmitteln, Seife und Kerzen, Kosmetika, sowie für technische Fette (Schmierfette) verwendet, als auch in der Stahlindustrie in großen Mengen als Walzfett zur Herstellung von Feinstblechen eingesetzt. Da Palmöl reich an Olefinen ist und sich daher auch für die Herstellung von Biodiesel eignet, explodiert derzeit gleichsam der weltweite Bedarf an Palmöl.

Beispielsweise unterstützt die malayische Regierung aufgrund steigender Mineralölpreise den Anlagenbau für „Bio“-Diesel aus Palmöl im Land. Die ersten Fabriken sollten Mitte 2007 die Produktion mit einer Jahreskapazität von 100.000 Tonnen starten. Eine starke Nachfrage nach Biodiesel aus Europa, Kolumbien, Indien, Südkorea und der Türkei trägt zum Wachstum dieser Industrie bei. Die Pläne für eine Palmölraffinerie in Deutschland am Standort Emden scheiterten dagegen Anfang 2007. Auch Malaysia hat einen verpflichtenden Wechsel von Diesel auf Biokraftstoffe zum Jahr 2008 vorbereitet. Ab 2007 muss in Malaysia verkaufter Diesel 5 % verestertes Palmöl enthalten. Mittlerweile bestehen in Malaysia 11% der Landesfläche aus Palmölplantagen.

Palmkernöl
Palmkernöl wird aus den Kernen der Ölfrüchte gewonnen. Die Kerne (Samen) sind gegenüber dem Fruchtfleisch extrem hart und damit lagerfähig, so dass die Ölgewinnung nicht am Ernteort erfolgen muss. Sie werden getrocknet, gemahlen und dann gepresst. Das Palmkernöl gehört wie das Kokosöl zu den laurischen Ölen, d.h. es enthält einen großen Anteil (bis zu 80 %) der gesättigten Fettsäure Laurinsäure und unterscheidet sich damit wesentlich vom Palmöl. Es hat vielmehr große Ähnlichkeit mit dem Kokosöl.

Es wird gern in Kakaoglasuren, Eiskonfekt und Eiscremeüberzügen und kühlschmelzenden Schokoladenfüllungen eingesetzt. Durch verschiedene Modifikationsverfahren lassen sich aus dem Palmkernöl hochwertige Spezialfette für die Süßwarenindustrie herstellen. In der Lebensmittelindustrie setzt man Palmkernöl für Brat- und Kochzwecke ein. Es findet außerdem Verwendung als feste Komponente bei der Margarineherstellung und dient auch zur Herstellung von oleochemischen Zwischenprodukten, die in der Kosmetik- und Reinigungsmittelproduktion eingesetzt werden, wie etwa waschaktive Substanzen.

Fallbeispiel „ULRICH natürlich“
Anfang der 90er Jahre, bevor der Boom an Einsatz pflanzlicher Rohstoffe als Energieträger für Mobilkraftstoffe, Wärme und Elektrizitätserzeugung eingesetzt hat, hatte die Firma W. ULRICH begonnen, ihre ökologische Wasch- und Reinigungsmittelmarke „ULRICH natürlich“ auf Basis nachwachsender Rohstoffe zu entwickeln. Sie hat anfangs zur Tensidherstellung Palmkernöl und Kokosöl eingesetzt. Inzwischen jedoch sind sämtliche „ULRICH natürlich“-Produkte frei von jeglichen Rohstoffen der Ölpalme. Stattdessen wurden Produkte mit dem Extrakt des heimischen Seifenkrauts und des Seifenrindenbaums entwickelt. Weiters laufen Versuche mit Tensiden auf Basis von Olivenöl. Der Hersteller setzt zunehmend auf erneuerbare Rohstoffe und Ressourcen, die innerhalb Europas verfügbar sind.

Quellen:
www.regenwald.org
http://de.wikipedia.org/wiki/Palm%C3%B6l
www.greenpeace.at/report-palmoel.html,
www.faszination-regenwald.de/info-center/zerstoerung/palmoel.htm u.a.

 

10. Zur Sozialverträglichkeit indischer Waschnüsse: Ein Fallbeispiel

In den letzten Jahren wird argumentiert, dass der Einsatz von Waschnüssen aus Indien zum Wäschewaschen ökologisch und sozial empfehlenswert sei. Im Gegensatz zum Einsatz industrieller Vollwaschpulver-Chemie ist deren Verwendung zwar umweltschonender und hautfreundlicher, und die Verwendung von Waschnüssen mag vorteilhaft für europäische Konsumenten und Importeure sein. Aus der Sicht der Einheimischen sieht dies jedoch anders aus, die seit Jahrhunderten die Früchte des Waschnuss-Baumes (auch Seifenbaum, hindi: Ritha) zum Waschen und Reinigen eingesetzt haben, indem sie die Waschnussschalen fein mahlten und zu einem Brei anrührten. Die indischen Frauen verwendeten einen Sud aus den Waschnuss-Schalen auch dazu, ihr Haar zu waschen und zu pflegen. Sie verstanden auch die Kunst, Waschnuss-Pulver zusammen mit ayurvedischen Kräutern zu einer Körperseife zu verarbeiten. Mit der Seifenlauge wurden auch das Geschirr und andere Haushaltsgegenstände gereinigt.

Für die meisten Inder sind die Nüsse aber mittlerweile kaum noch bezahlbar. Der Preis für ein Kilo Nüsse hat sich seit 2003 bis 2008 im Land versechsfacht. Ende des Jahres lag er im Durchschnitt bei mehr als 60 Rupien, rund einem Euro.

Die Waschnuss-Sammlung wird inzwischen vom indischen Forstministerium gefördert. In der Erntezeit von Oktober und November sammeln Dorfbewohner in der Himalaja-Region die Nüsse der Ritha-Bäume. Nach dem Trocknen brechen die Frauen die Schalen per Hand oder mit einem Stein auf und sortieren die Kerne aus, die entsorgt werden. Dutzende Kilo an Waschnussschalen pro Person schaffen sie in wenigen Tagen, dann werden sie verpackt und einmal pro Woche vom Exportunternehmen abgeholt. Dann geht es damit nach Europa und Kanada.

Als 2005 der Boom so richtig begann, witterten indische Exporteure ihre Chance: In ihrem Angebot gab es nun auch das Biowaschmittel. So haben die Händler zwar begeistert die Nüsse vertrieben – doch daran, ein paar Waschnussbäume zu pflanzen, um mit der Nachfrage Schritt halten zu können, habe kaum jemand gedacht, beklagt der indische Exporteur Arshdeep Virk in einem Interview mit der unabhängigen Berliner Qualitätstageszeitung „taz“ („Waschnuss-Mangel in Indien – Schmutzwäsche durch Bio-Boom“, 11.03.2008). Zitat:

"Öko-Sachen können sich im Moment nur reiche Inder leisten. Wie soll man da dem Großteil der Bevölkerung umweltschonende Traditionen wieder näherbringen?", sagt Virk. In Europa hingegen wird derweil darüber diskutiert, wie oft die Schalen, die in einem Baumwollsäckchen in die Waschmaschine gelegt werden, verwendet werden können, ob die Wäsche tatsächlich so sauber wie mit herkömmlichen Mitteln wird und wie sie dennoch frisch duftend aus der Trommel kommt. Während Öko-Test der Waschleistung das Gesamturteil ‚mangelhaft’ ausgestellt hat, widersprechen dieser Bewertung zahlreiche Einträge in Internetforen – von "hervorragend" und "zuverlässig sauber" ist da die Rede. Denn auch bei Waschnüssen gibt es unterschiedliche Qualitäten, je nachdem wie saponinhaltig die Frucht ist. Ein Kilo davon – etwa hundert Schalen – kostet zwischen € 10 und € 25.“

Die Wirkstoffe der Waschnuss gelangen auch noch während der Endphase der Reinigung bei kaltem Spülwasser teilweise in die Wäsche und können nicht komplett ausgewaschen werden. Dies hängt damit zusammen, dass Waschnüsse ständig in einem Beutel in der Waschtrommel verbleiben und so die Waschsubstanzen permanent abgeben.

Laut Wikipedia wurde auf dem europäischen „Jugend forscht“-Wettbewerb 2007 ein Exponat gezeigt, das nachweist, dass die waschaktiven Substanzen der Waschnuss nicht restlos biologisch abbaubar sind sondern nur zu maximal 93 %. Damit schnitten die Waschnüsse wesentlich schlechter ab als konventionelle Waschsubstanzen, die zu gut 98 % biologisch abbaubar sind (Primärabbau).

Quellen:

© Fritz Weber, fwweber (a) web.de, erg. Sept. 2011

Dieser Text ist eine Auswahl aus:

„Waschen ohne Gesundheitsrisiko. Kleine Waschmittel-Studie.
Eine Marktanalyse nach Preisen, Inhaltsstoffen, Hautverträglichkeit, Ressourceneinsatz, Abbaubarkeit, Benutzerfreundlichkeit und Werbetricks“
2. überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage (in Vorbereitung)
Verlag für Ethik + Gesellschaft, Wien

Der Verfasser:

F. Weber, Jahrgang 1949, Dipl.-Ing., Absolvent der Universität für Bodenkultur Wien,
Fachrichtung Kulturtechnik und Wasserwirtschaft.
Langjährige Planungstätigkeit im Siedlungswasserbau und Gewässerschutz; Ingenieurbüro für Umwelttechnik;
freie Publikationstätigkeit.
Im Dez. 1998 Auszeichnung als „Klimabündnisbetrieb“ durch die Stadt Wien und KLIMABÜNDNIS ÖSTERREICH.
Die Befassung mit der Thematik erfolgte erstmals als Projekt der Arbeitsgruppe „Global denken – lokal handeln
im Rahmen des Pilotprojekts „LOKALE AGENDA 21“ in Wien-Alsergrund 1999.

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